Geschrieben von
Bianca Krüger , 6. Juni 2018

Frau Sigrun Neuwerth ist Referatsleiterin im Bundeslandwirtschaftsministerium und wurde auf der konstituierenden Tagung der 4. Landessynode der EKBO 2015 zur neuen Präses gewählt. DEINE-EKBO hat mit ihr über das Zusammenwirken von ehrenamtlichen und beruflichen Kräften gesprochen.

 

DEINE-EKBO: Was ist eigentlich eine Präses und was sind Ihre Aufgaben in der Synode?

Manche Landeskirchen in Deutschland nutzen auch den Begriff der Präsidentin, damit wird etwas deutlicher, dass es darum geht, die Synode vorzubereiten, zu leiten und nachzubereiten. Das geschieht mit Unterstützung des Ältestenrates, dem das Synodenpräsidium und weitere fünf gewählte Synodale angehören. Den Ältestenrat leite ich auch (also wieder Vorbereitung, Durchführung, Nachbereitung), etwa zehnmal im Jahr kommt er zusammen, um die Themen und Verhandlungspunkte, den Eröffnungsgottesdienst, Durchführung der Morgen- und Mittagsgebete, die Tagesordnung, Wahlen für Gremien u.a. zu beraten, damit die Tagungen im Frühjahr und Herbst gut in einem vorgesehenen Zeitplan ablaufen können. Während der Synode gibt es regelmäßig etliche Fragen von Synodalen oder Absprachen und weitere Gespräche, manchmal Presse. Zwischen den beiden Synodaltagungen führt die Kirchenleitung die Geschicke der Landeskirche. Hier bin ich Stellvertreterin des Bischofs beim Vorsitz. Sie tagt ca. 12 Mal im Jahr.

 

DEINE-EKBO: Üben Sie auch zusätzlich zu Ihrem Präsesamt noch eine weitere ehrenamtliche Tätigkeit aus?

Ich singe, sooft es meine Zeit ermöglicht, im Chor meiner Gemeinde in Wilhemsruh und arbeite dort auch in einer Gottesdienstgruppe mit, weil ich gerne als ausgebildete Lektorin gelegentlich Gottesdienste leite. Für den GKR habe ich nach der Präseswahl nicht mehr kandidiert, auch weil nach 15 Jahren jemand anderes die Möglichkeit zur Gemeindegestaltung haben sollte. Und im Förderkreis habe ich mein Vorstandsamt abgegeben. In der Kreissynode arbeite ich aber weiterhin mit.

 

DEINE-EKBO: Wie finden Sie die Zeit, Ihren Hauptberuf und das Ehrenamt unter einen Hut zu bringen?

Gutes Zeitmanagement ist oberstes Prinzip – Ehrenamt ist eben abends dran. Und freitags, denn meine Berufstätigkeit habe ich mittlerweile auf 80% reduziert (zum Glück unterstützt mein Arbeitgeber ehrenamtliches Engagement).

 

DEINE-EKBO: Welche Themen beschäftigen Sie besonders, wenn Sie auf das Ehrenamt und auf die Kirche blicken?

Ehrenamt hat schon lange einen hohen Stellenwert bei der Ausübung vieler Dienste, wird aber erst allmählich auch überall entsprechend ernstgenommen und gewürdigt. Es geht ja um viele verschiedene Dinge, etwa Kuchenbacken und Blumenschmuck, Verkündigung in Wort und Musik und um hohe Verantwortung für die Verwaltung einer Gemeinde. Ehrenamtliche GKR-Mitglieder sind hier oft die Experten, nicht die Hauptamtlichen. Zu viele fokussieren stark auf die Pfarrperson, als könne sie für alles geradestehen. Die evangelische Kirche ist aber so verfasst, dass sie von Ehrenamtlichen getragen wird. Seien wir froh, wenn wir Pfarrpersonen haben, die Theologie verstehen und sich für Seelsorge und Verkündigung Zeit nehmen. Gemeinsam sind wir Kirche. Ich bin froh, dass wir die Leitlinien für das Ehrenamt haben und einen ganzen Katalog online mit immer aktuellen Informationen etwa in rechtlichen Fragen. Das Amt für kirchliche Dienste hat mit dem Konsistorium Wertvolles geleistet, ich hoffe sehr, dass die Gemeinden es nutzen.

 

DEINE-EKBO: Was empfehlen bzw. wünschen Sie sich für das Miteinander von Haupt- und Ehrenamtlichen?

Respekt und Verständnis auf beiden Seiten, Anerkennung der jeweiligen Expertise. Alle stehen zunehmend unter Zeit- und Erfolgsdruck, sitzen also im selben Boot. Ich möchte verstehen, wie eine Pfarrperson ihren Tag organisiert, welche Aufgaben und Anforderungen gestellt sind und wie sie damit umgeht. Dann finden wir beim abendlichen Treffen leichter zueinander. Aber bitte auch umgekehrt. Miteinander heißt auch, dass Pfarrperson oder Katechet oder Kirchenmusikerin aus ihrem eigenen Kästchen kommt und empfinden kann, was es bedeutet, aus dem beruflichen in einen völlig anderen Kontext zu springen. Eine gute Dienstgemeinschaft wird erst ausgewogen, wenn nicht eine Seite allein Anpassung von der anderen erwartet. Und liebe Hauptamtliche: bitte nicht allein entscheiden, ob und wann Ehrenamtliche eingebunden werden können. Z.B. tagsüber eher selten, aber bitte immer fragen!
Den Ehrenamtlichen rufe ich zu: Ihr seid auch eine geistliche Gemeinschaft, denn Kirche ist kein Sportverein sondern lebt vom gemeinsamen Gebet und Gottesdienst. Und Ihr habt ein Amt übernommen und dazu Gottes Segen erhalten. Das Amt enthält das Vertrauen vieler, dass es zuverlässig ausgeübt wird.

 

DEINE-EKBO: Haben Sie von daher Tipps für Theologiestudierende?

Übernehmen Sie – wenigstens einige Jahre – ein verantwortungsvolles Ehrenamt in einem nichtkirchlichen Bereich, sei es im Sportverein oder einer NGO. Begeben Sie sich raus aus der Kirchenwelt hinein in die Welt, die Sie sonntags bepredigen wollen. Die Ausrede, dafür sei keine Zeit, heißt nur, dass dringend Selbst- und Zeitmanagement gelernt werden muss. Von Ihren Ehrenamtlichen verlangen Sie das ja auch!

 

DEINE-EKBO: Vielen Dank für das Interview!

 

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